Was bedeutet es, ein Kind mit Aufmerksamkeitsdefiziten zu Hause zu haben?
Im Elternhaus gibt es keinen 45- oder 90-Minutentakt, keine klar formulierten Lernziele und nicht nur einen, der den Ton angibt, wie es in der Regel in der Schule gang und gäbe ist. Dort tanzt die Klasse ja mehr oder weniger jeweils nach der Pfeife eines einzelnen Lehrers.
Die Nöte, die sich im Zuhause ergeben, sind vielfältig und kristallisieren sich zeitlich zuweilen noch vor dem Besuch einer Kindertagesstätte heraus. Zumindest bei Kindern mit Hyperaktivität.
Das Unvermögen, sich konzentrieren zu können, führt oft dazu, dass in Bereichen, in denen durch Imitieren gelernt wird, erhebliche Defizite entstehen. Oft fehlt den Kindern mit AD(H)S schlicht die Zeit zum Studieren des Verhaltens Gleichaltriger, das der Geschwister oder der eigenen Eltern.
Der sogenannte Hamster im Kopf treibt die Kinder vorwärts und führt angesichts dessen ggf. zu Problemen im sozio-emotionalen Bereich, im Lernen (u. a. von Faktenwissen oder Vokabeln), in der Sprache, im Schreiben, Rechnen und Lesen, um nur einige Problembereiche zu umreißen, bei denen ein Abgucken von Fertigkeiten unumgänglich ist.
Und das im Ganzen macht ein Zusammenleben alles andere als einfach. Es gibt sogar Aussagen von Fachärzten, die davon sprechen, Familien mit ADHS seien 2-4 mal so oft von Scheidungen bedroht und hätten eine doppelte Wahrscheinlichkeit zu starker Geschwister-Rivalität (vgl. Dr. med. Dirk Dammann, Chefarzt Rehakinderklinik Wangen im Allgäu, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Sozialmedizin: Auswirklungen chronischer Störungen auf die Schule am Beispiel ADHS, 2012).
Auch hilft es dem Familiensystem wenig, die Funktionsstörung herunterzuspielen oder gar infrage zu stellen.
Eine Familie, die ihr Kind ernst nimmt, fürchtet ungünstige Konsequenzen der Störung.
Das ist laut eines aktuellen ärztlichen Fachartikels keine unbegründete Furcht. Einem Kind, das unbehandelt bleibt, können (Spät-)Folgen wie die hier aufgelisteten drohen:
- ein erhöhtes Unfallrisiko
- eine höhere Sterblichkeit
- ein höheres Risiko für Depression oder eine Persönlichkeitsstörung
- eine höhere Wahrscheinlichkeit Drogen zu missbrauchen
- eine etwaige Inhaftierung
- die Möglichkeit zu einem schlechteren Schulabschluss
- die erhöhte Tendenz, einen späteren häufigen Ausbildungsplatzwechsel zu haben
Quelle: Bachmann, Christian J., Alexandra Philipsen, Falk Hoffmann: ADHS in Deutschland: Trends in Diagnose und medikamentöser Therapie. In: Deutsches Ärzteblatt. Die Zeitschrift der Ärzteschaft, Jg. 114, Heft 9 (3. März 2017). S.141.
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